Die „Ludologie“ befasst sich mit grundlegenden Spielkonzepten und Spielmechaniken. Bereits seit Ur-Zeiten spielt der Mensch. Vor ca. 5.000 Jahren ging es los mit den ersten Brettspielen. Das erste Spielzeug für Fantasiespiele wurde vor etwa 35.000 Jahren hergestellt. Die Digitalisierung bietet heute vielfältigere Möglichkeiten des Spielens. Mixed-Reality-Formate eröffnen Möglichkeiten, die Welt ganz neu wahrzunehmen. In einem Interview mit unserem Chef, gleichzeitig dem Gründer des Instituts für Ludologie in Berlin, Prof. Dr. Jens Junge, erfahren wir mehr über das Verhältnis zwischen Spielen und Unternehmen.
„Unternehmen sind nichts anderes als ein Spiel“
Die Aussage „Unternehmen sind nichts anderes als ein Spiel“, erklärt Jens mit folgendem Beispiel: „Nehmen Sie allein das Konstrukt der „Juristischen Person“, die GmbH oder die AG. Die gibt es ja real nicht. Sie ist eine erfundene Ordnung… Spielelemente begegnen uns in Wirtschaftssystemen überall und bringen Explorationsspiele, Fantasiespiele, Rollenspiele, Konstruktions-, Regel-, Wettbewerbs-, Gesellschafts- und Machtspiele mit sich. Beide Welten – die der Unternehmen und die der Spiele – können voneinander lernen.“
Die Erkenntnisse aus der täglichen Forschungsarbeit der Spielwissenschaften nutzt das Institut zur Analyse und Verbesserung von Unternehmensstrukturen und Unternehmenskulturen. Bei der täglichen Arbeit mit den Unternehmen und Institutionen können die unterschiedlichsten Phänomene beobachtet werden: „Viele Start-Ups sind kreativ und innovativ. Was Ihnen oft noch fehlt, sind eingespielte Prozesse und Standardisierungen.“ Doch es gehört noch mehr dazu: „So wie am Pokertisch braucht es mehr. Man kann alle Spielregeln beherrschen und alles richtig machen und trotzdem verlieren.“
Stellt sich natürlich die Frage, was es noch braucht? „In etablierten Unternehmen sind eher Bürokratismus und zu starre Strukturen das Problem. Um wieder Innovationen einzubringen, eignen sich explorative Spiele. Sie entsprechen unserem ursprünglichen Drang: Als Kinder haben wir alle angefangen, die Welt explorativ zu ergründen, wollten die Dinge wortwörtlich begreifen. Mit dem Erlernen der Sprache sind wir dann fähig, Fantasiespiele und Rollenspiele wie „Mutter, Vater, Kind“ zu entwickeln. Wir brauchen diese Kompetenzen, um miteinander umgehen zu können, uns in andere hineinversetzen zu können.“
Spiele sind nicht immer förderlich
Spielemechaniken lassen sich wunderbar nutzen um Unternehmensstrukturen und Unternehmenskulturen zu analysieren und zu verbessern. Jedoch ist das nicht unter allen Umständen so. Wenn z.B. der Chef zum Sprung in das Teambuilding-Bällebad auffordert, verliert das Spielen seine Freiwilligkeit und wird zur Pflicht. Auch aus Sicht von Jens gibt es hier Schwierigkeiten: „Aufgrund der Pflicht haben viele auf diese Maßnahmen auch keine Lust. Nur das Wollen bringt den gewünschten Effekt. Wenn wir „Pflichtspiele“ durchführen müssen, fangen wir schnell an zu schummeln, weil wir sie hinter uns bringen möchten.“
Teambuilding-Maßnahmen müssen jedoch nicht immer ein „Pflichtspiel“ sein, auf welches die Meisten keine Lust haben. Da Teambuilding-Maßnahmen voll im Trend liegen, entwickelt das Institut Spielkonzepte rund um Weiterbildungsthemen. Wie man seine Mitarbeiter für interne Änderungen und einen Wandel begeistern kann, erklärt Jens wie folgt: „Das gelingt nicht mit vier Stunden Powerpoint-Präsentation. Mit Emotionen lernt man intensiver und nachhaltiger. Wir entwickeln daher Spielkonzepte rund um das jeweilige Weiterbildungsthema, gestalten beispielsweise einen Escape Room. Ein Spiel, in dem Teams zusammenarbeiten, um Aufgaben und Rätsel zu lösen. Die Spiel-Story integriert Unternehmensthemen, sodass es einerseits um Teambuilding geht, andererseits aber auch darum, konkrete Lerninhalte emotional und eher indirekt zu vermitteln.“
Spielmerkmale und Spielmechaniken in Unternehmen
Die generellen Spielmerkmale in Unternehmen definiert Jens wie folgt: „Zumindest in Regelspielen gibt es – wie im Unternehmen – immer ein Ziel. Ändert man spontan die Regeln, sorgt das für Emotionalitäten. Wenn Papa beim Mensch-Ärgere-Dich-Nicht in der letzten Runde einfällt: Jetzt gilt auch Rückwärts-Schlagen, dann sorgt das für Aufregung. Genau diese Flexibilität braucht man aber manchmal – auch im Unternehmen. In diesen Momenten muss man mutig sein, alternative Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln.“
Spielmechaniken finden wir überall in unserem Alltag. Sei es in der Erziehung der Kinder, oder – wie beschrieben – in den verschiedenen Unternehmenskulturen. Genau diese Mechaniken analysieren und verbessern die Forscher des Instituts für Ludologie in Berlin. Das ganze Interview von Jens findet ihr hier. Weiter Informationen zum Institut findet ihr hier.
Studiengang „Game Studies“ an der design akademie berlin
Warum Menschen und Tiere das freie Spiel lieben, wie wir Menschen uns durch die Sprachentwickung vor ca. 35.000 Jahren mit der Nutzung von Spielzeug kulturell weiter entwickelt haben und wir seit der Sesshaftwerdung und den ersten Stadtgründungen ab ca. 2.600 v.Chr. Brettspiele spielen, was das alles mit den aktuellen digitalen Spieletrends zu tun hat und wie heute Games für Web und Moblie entwickelt werden, das sind unter anderem Lehrinhalte des Bachelor Studienganges „Game Studies“ an der design akademie berlin – SRH Hochschule für Kommunikation und Design, die sich aus den Aktivitäten des Instituts für Ludologie ergeben haben. Dieser Bachelor Studiengang bereitet auf den Einstieg in die Games-Branche vor und bietet darüber hinaus die Möglichkeiten, mit diesem Know-How beruflich in anderen Software- und Technologiethemen Fuß zu fassen oder in der Medien- und Weiterbildungsbranche zu arbeiten.
QUELLE: https://www.pressesprecher.com/nachrichten/wer-spielt-lernt-intensiver-und-nachhaltiger-1037883648
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Prof. Dr. Jens Junge (Direktor des Instituts für Ludologie) im Gespräch mit pressesprecher-Redakteurin Anne Hünninghaus am 27.03.2018 in der design akademie berlin